Die Begrifflichkeiten des politischen Spektrums I – Von links nach rechts

Kürzlich wurden vom Bundesamt für Verfassungsschutz aktuelle Zahlen zu politischen Gewalttaten bekannt gegeben. In der Berichterstattung fallen dann Begriffe wie „linksextrem“, „rechtsextrem“ oder „Autonome Nationalisten“.

Versucht man diese Begriffe zu durchdringen, so stößt man schnell an seine Grenzen. Selbst auf der Seite des Verfassungsschutzes umfasst die Definition von Radikalismus und Extremismus zusammen sieben Sätze. Um sich in den Begrifflichkeiten, mit denen das politische Spektrum beschrieben wird, zurechtzufinden reichen diese Informationen nicht aus.

Diese Artikelreihe soll daher ein wenig mehr Licht in die jeweiligen Definitionen, Richtungen und einzelne Gruppen bringen. Zunächst daher eine schematische Darstellung der politischen Richtungen und Begriffe:

Das politische Spektrum entspannt sich zwischen dem linken und dem rechten Extrem. Diese Bezeichnungen gehen auf die Sitzordnung der verfassungsgebenden Nationalversammlung in Frankreich 1789 zurück. Damals saßen die Royalisten rechts vom Präsidenten, während die revolutionär gesinnten Abgeordneten links von ihm saßen. Schon kurz darauf hatte sich die Unterteilung in „rechts“ und „links“ durchgesetzt und wurde so auch von anderen europäischen Parlamenten übernommen.

Inhaltlich sind linke Strömungen eher egalitär, progressiv und internationalistisch ausgerichtet. Das Wort egalitär geht auf das Motto der französischen Revolution „liberté, égalité, fraternité“ (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) zurück und beschreibt das Bestreben, die Gleichberechtigung aller Bevölkerungsteile zu erreichen. Ziel ist es, jede gesellschaftliche und politische Ungleichbehandlung zu beseitigen. Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, ob eine positive Diskriminierung im Sinne einer Bevorzugung unterprivilegierter Gruppen sinnvoll ist.

Progressivität bezeichnet das Ziel, die Gesellschaft durch Fortschritt zu verbessern. Gemeint sind hier vor allem die Durchsetzung der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit.

Das Prädikat „internationalistisch“ bezieht sich vor allem auf frühere Strömungen, die ihre Ziele in einer weltweiten Veränderung sahen. Mittlerweile allerdings haben antiimperialistische und globalisierungskritische Ideen diese Position ein Stück weit relativiert.

Rechte Strömungen hegen im Gegensatz dazu eher elitäre, konservative und nationalistische Ideale. Im Sinne des elitären Ideals sind Argumente zu sehen, die darauf abzielen, eine kleine regierende Elite zu bilden und Menschen nach biologistischen Gesichtspunkten und Nützlichkeit einzuteilen. Die von linken Strömungen propagierte Gleichheit wird abgelehnt.

Konservativ bedeutet, wörtlich übersetzt, bewahrend. Bewahrt werden sollen Traditionen und Normen sowie der jeweils aktuelle Stand. Allerdings wird Fortschritt als solcher nicht immer abgelehnt und auch rechte Strömungen haben Konzepte zur Erneuerung der Gesellschaft.

Besonders charakteristisch für rechte Strömungen sind die nationalistischen Prinzipien. Jegliche Entscheidungen werden vornehmlich über ihren Effekt auf die Heimatnation bewertet. Auch im rechten Lager gibt es daher Globalisierungskritiker.

Während rechte und linke Ideale sich wenigstens ungefähr festhalten lassen, ist die sogenannte „politische Mitte“ ein eher leerer Begriff. Er wird relativ variabel von all jenen eingesetzt, die sich von rechts und links abgrenzen wollen. Inhaltliche Überzeugungen sind nicht mit ihm verbunden, weshalb er eher eine fiktive Position bezeichnet, als dass er inhaltlich definiert ist.

Im nächsten Artikel der Reihe soll auf die Begriffe des Radikalismus und des Extremismus (auch in deren religiöser Spielart) sowie die Kritik an ihrer Verwendung eingegangen werden.

bd

Nachtrag vom 27.7.2011: Die Begrifflichkeiten des politischen Spektrums II – Der Extremismusbegriff

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